Freitag, 21. August 2015

Mit Flip Flops in der Hühnerkacke

Am Montag bin ich auf der Farm in Perth angekommen. Voller Vorfreude bin ich in den Flieger gestiegen und war mir sicher: Hier lernst du das australische Leben endlich richtig kennen. Hier sind keine Backpacker mit sonderbaren Lebenseinstellungen um dich herum, hier ist eine liebevolle Familie, die dich herzlich als neues Mitglied aufnimmt. Vielleicht zu hohe Ansprüche!

Anstelle der Gastmutti, wie zugesagt,  empfing mich ein junges schwedisches Pärchen auf dem Flughafen. Abgesehen davon, dass mir der Flug nach Westaustralien schon wie ein Film vorkam, macht das wartende Pärchen mit einem verzierten, selbstgebastelten Namesschild die Filmszene in meinem Kopf komplett. Ein Lächeln huschte über mein Gesicht und verschwand gleich wieder, als mich das Pärchen schüchtern und unsicher begrüßte. Wohl nicht so gesprächig, schade!  Im Auto informierte mich das Pärchen dann, dass die Mutti mit einer Freundin beim Lunch war und sich nun hingelegt hat. Sie sei müde. Mh, okay. Auf der Farm angekommen, führte mich das Pärchen herum ohne dabei häufig ihre Gesprächssprache ins Englische zu wechseln. Sie redeten die ganze Zeit in Schwedisch. Was soll ich sagen? So ein Verhalten gilt unter internationalen Backpackern als absolutes Rüpelverhalten und antisozial. Wenige Stunden später bekam ich auch die gesuchte Antwort auf meine Fragezeichen, wieso sie das bloß tun. Sie seien bisher unter sich geblieben und wären nicht so sozialfähig/kontaktfreudig. Aaaaaaha! Tja! Schade! Ihr Freizeitprogramm besteht aus dem Schauen der Serie Sons of Anarchy, zudem sie mich großzügig einluden. Die Serie hat keine Geschichte, nur immer wieder neue Gründe Menschen brutal abzuschlachten. Genau das richtige für mich, genau mein Geschmack...

Da war ich also nun auf der Farm. Mit dem kontaktabwehrenden Pärchen, einer schlafenden Mutti und 4 bekloppten Hunden. Das Baby wurde erst am Mittwoch erwartet. Stunden später begrüßte mich dann auch die verschlafende Mutti. Außnahmefall, hieß es zu dem Zeitpunkt noch. Mittlerweile gut 4 Tage später weiß ich, dass dieses Verhalten eher der Normfall ist. Gerne verabredet sich die Mutti abends mit Freunden auf ein Gläschen Rotwein und hat dann so ihre Schwierigkeiten morgens so recht aus dem Bett zu kommen. Gott sei Dank hat sie Aupairs!

Gut! Das schwedische Pärchen verlässt die Farm am Montag und zieht weiter. Das Mädchen hat sich bisher um den Kleinen gekümmert, der Junge um die Farm. Sie haben mich so gut es eben mit so wenigen Gesprächen wie möglich ging in die ganze Arbeit eingewiesen. Morgens werden die völlig bekloppten/verzogenen Hunde mit toten Hühnerlaiben gefüttert. Sowas Widerliches habe ich selten gesehen. Ansonsten verbringen die Hunde gerne Zeit damit das Inventar zu zerfetzen, auf den Tischen rumzuspringen und leere/volle Teller von ihren Essen(sresten) zu befreien. Neben den Hunden behütet die Farm noch Hühner (dreierlei Sorten), Enten, Schafe und Alpakas (Spinnen, Schlangen und Ratten).

Heute war es soweit und ich durfte alle Aufgaben das erste Mal alleine erledigen. Zunächst bin ich von diesem herrlichen Morgengeschrei dieses süßen Sonnenscheins schon vor 7 aufgewacht. Es kann kaum Schöneres geben! Nach dem Morgengeringe auf dem Wickeltisch und dem Rumgetrickse bei der Fütterung begann mein Tag 1,5 Stunden später. Es war ein regnerisch, ekliger Tag. Als ich mich neulich schon mit Flipflops im Hühnerstall wieder fand und mich fragte, ob ich wirklich überhaupt welche trage, weil die Scheiße durch die Riemenlöcher meiner Flipflops an meinen Füßen kitzelte, beschloss ich heute Turnschuhe anzuziehen. Die armen Schuhe. Wenige Minuten später fand ich mich in dem widerlichen Morgenritual wieder, welches mich die nächsten 7 Wochen nun begleiten wird. Zuerst die Raubtierfütterung: tote Hühner für die bekloppten Hunde. Dann gehts zu den Hühner. Da stand ich also mit meinen geschlossenen Schuhen in der nassgeregneten Hühnerscheiße und suchte nach den gelegten Eiern. Herrlich! Als ich das ganze angewidert, aber einigermaßen sauber überstanden habe beruhigte sich der Tag ein wenig. Nachdem ich die ersten Tage die erzieherischen Methoden der Mutter gewohnt pädagogisch in Frage gestellt und meinen Ansichten nicht vollständig übereinstimmend akzeptiert habe, wurde mein Geduldsfaden am heutigen Abend erneut auf die Probe gestellt. Nachdem ich schon das Morgenritual mehr schlecht als recht über mich ergehen lassen habe und ich den ganzen Tag all die sonderbaren Verhaltensweisen der Mutter wortlos hingenommen habe, nahm der Abend erst richtig an Fahrt auf. Nachdem sich die Mutti den ganzen Tag wieder rar gemacht hat und immer zu perfekten Zeiten erschien (Schlafens- und Essenszeiten) kam sie auch an diesem Abend zur Dinnerzeit. Der Kleine isst ja eh schon, wie alle kleinen Kinder, eher schlecht bis gar nicht. Da legte sich die Mutti zu allem Überfluss auch noch genau dann aufs Sofa und tippe in ihrem Handy rum, als der Kleene sich gerade mit viel Mühe und Not den ersten Löffel Dinner reinschob. Mit der Anwesenheit der Mutter war das Dinner natürlich dann auch passe. Nachdem ich schon vor Unpässligkeit und Respektlosigkeit der Mutter vor meiner Arbeit schäumte, besuchte zu aller Überraschung auch noch eine Freundin die Mutter. Nachdem sie den Kleenen also total verrückt gemacht hatte, ließ sie anschließend gleichzeitig mit der Freundin auch die bekloppten Hunde herein. Der Fetteste frass als erstes das Dinner vom Kleinen. Nachdem die Mutter das lächelnd abtat, verschwand sie mit der Freundin und einem Rotwein im Nebenzimmer und schlug dem Kleenen die Tür vor der Nase zu. Der brüllte natürlich wie am Spieß, weshalb mich die Mutter bat ihn und die Hunde aus dem Türrahmen zu holen, damit sie die Tür problemlos schließen kann. Um mit ihr nicht noch mehr in Zwiespalt zu geraten, kam ich der dreisten Bitte nach. In der Zeit sprang der verfressene Köter auf die Küchenanrichte und frass mein Nutellatoast, was ich mir vor lauter Wut geschmiert hatte. Bravo! Hungrig und wütend werde ich zum Biest! Meine Pulsadern waren um ein dreifaches angeschwollen, dass Fass bereit zum überlaufen. Ich schäumte vor Wut. Nur mein Mitleid mit dem Kleenen und meine gute Erziehung hinderten mich daran völlig auszurasten.

Nachdem der Kleene mit viel Geschrei endlich im Bett lag und schlief, suchte ich mir diesen Abend das erste Mal mit Vergnügen einen freien Platz zwischen all den Hunden auf dem Sofa und schaute mir das Gemetzel ihrer Lieblingsserie vergnügt an.

Aber alles in Allem kann ich sagen: schnucklige Farm, gelungener Tag. Ich freue mich auf mehr!

PS: Ich würde gerne Fotos hinzufügen.  Leider hat die Mutter kein Wlan. Noch ein Pluspunkt für diesen wunderschönen Ort. :)

6 Kommentare:

  1. Hallo Carina , Grüße aus dem Märchenwald. Du hast ein Glück:), aus purem Zufall direkt auf die australische Musterfarm des Jahres 2015 gestoßen. Herrlich wie du das romantisch, ländliche Farmerleben beschreibst. Nah an der Natur, eins mit Hund, Huhn, Alpakas und einer idealen Mutter-Kind-Beziehung, :) neidisch könnte man werden. Wieder wunderbar geschrieben und für mich steht fest, ich ziehe aufs Land. Alles Gute und such dir ein gutes Versteck für dein Nutellatoast!

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  2. Hi du, mit Flip-Flops in den Hühnerstall stell ich mir vor wie eine Wattwanderung. IGITT!
    Kann mich nur Gerd anschließen. Wieder alles treffend und für uns mitfühlend beschrieben und miterlebt.
    Verspreche dir ein Glas Nutella wenn du wieder hier bist. Du brauchst es auch nicht mit flohbedeckten Hunden teilen, ehrlich!!!!!!!!!!!
    Hoffe du bist gegen die Maul-und Klauenseuche auch geimpft.
    Gruß und halt durch!!!!!!!!!!!!!!!!!

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  3. kennst du das australische Jugendamt? Bring den Kurzen doch mit, wir hätten gerne noch ein Kind.

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    1. Hast du da Kontakte Viola?^^ Nein, nein. So schlimm ists dann doch noch nicht. Nur ab und an kleine Momente des Grauens :/

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  4. Hehehehe Carina Carina, was soll ich sagen.... da hat es dich ja echt erwischt... Wenn du das so schreibst klingt es irgendwie amüsant, aber tauschen möchte ich mit dir nicht. Aber ich kenn dich ja, auch das schaffst du mit links. :)

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  5. bekloppte Hunde :D die haben dir tatsächlich das Nutella Brot geklaut? :D

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