Sonntag, 10. Januar 2016

Verabschiedungen

Der schönsten Teil einer langen Reise ist Gleichgesinnte zu finden mit denen man schöne Momente teilen, ehrliche Gespräche führen und miteinander Lachen kann.

Der schlimmste Teil einer langen Reise ist von genau diesen Weggefährten auf kurz oder lang wieder Abschied nehmen zu müssen. Sie zu drücken, alles Gute zu wünschen und dann Richtung Heimatflughafen abwinken zu müssen. Die Aufregung bezüglich des Fluges und des Heimkommens mitzuerleben. Mit ihnen die Reisen Revue passieren zu lassen, gute Momente nochmal aufleben zu lassen und Ängste und Sorgen zu reduzieren.

Abschied nehmen ist niemals ein kurzer Augenblick. Es ist ein längerer Prozess. Er beginnt eine Woche vorher, in der bereits die Tage zum Abflug gezählt werden, die To-Do-Liste nochmal aufgerollt wird und die letzten Punkte abgearbeitet werden. In der nochmal alles um ein mehrfaches intensiver wahrgenommen und erlebt wird, Erinnerungen geformt werden und Last-Minute-Bilder für die Fotoablen Daheim geschossen werden. In der langfristige Pläne für nach der Reise durchgesprochen und abgewogen werden. In der intensiver Kontakt nach Zuhause aufgenommen und die weiche Ankunft Daheim geplant wird.

Schließlich rückt "der letzte Tag" näher. Dieser wird nochmal ganz nach Wünschen des Abfluggastes verbracht. Es wird auf die schöne Zeit angestoßen, das Bedauern des Abschieds ausgesprochen und versprochen in Kontakt zu bleiben und sich wiederzusehen, so bald ich wieder zurück sei. Dann überschlage ich kurz die verbleibende Zeit bis dahin in meinem Kopf und komme zu der Erkenntnis, dass ich immer später Heim kommen als mein Gegenüber. Mit dem wechselhaften Gefühl der Freude auf neue Abenteuer alleine und neuen interessante Leute, aber der Gewissheit, dass erneut ein lieb gewonnener Mensch der Rücken gekehrt wird und mit ihm ein Stück Sicherheit und Geborgenheit erneut verloren wird.

Dann kommen "die letzten Stunden" in denen der Rückflug organisiert und zeitlich stetig im Blick behalten wird. Die Stunden, die immer gegen dich laufen und der Moment des tatsächlichen Abschieds immer näher rückt.

Der letzte Check des Rucksacks und der nötigen Unterlagen. Die letzten bedrückten Lächeln die ausgetauscht werden und sagen, dass unsere Zeit bedauerlicherweise abgelaufen ist, aber aufmunternd gelten. 

Die letzten Minuten in dem der Gedanke des Abschieds nicht mehr zu verdrängen ist und sich mir langsam aber sicher die tränenerstickende Kehle zudrückt.

Der letzte Moment zur Metro, zum Taxi etc. Den ich mir eigentlich gerne ersparen möchte, weil er Schwere und Trauer in sich trägt.

Und schließlich der Moment des Abschieds. Die letzte Umarmung, die unaufhaltsamen Tränen, die nicht mehr zu formulieren Wünsche für den Rückflug und die Heimkehr und die Gewissheit: Jetzt bin ich vorerst wieder alleine! Der Trennungsschmerz und die gleichzeitig Herausforderung sofort wieder mit geöffneten Augen und Herzen weiterzugehen.

Dann hole ich tief Luft. Wische die Tränen vom Gesicht. Drehe meiner Begleitung bewusst den Rücken zu und gehe den gewohnten Weg allein zurück. Ich drücke die Reset-Taste in meinem Kopf, denke an meine Tage allein in der großen weiten Welt und weiß wieder: Du bist niemals allein! Das was war wird in der Form nie wieder kommen, aber es wird was Neues in ähnlicher Form kommen. Und darauf freue ich mich gespannt!

Abschied ist niemals leicht. Abschied auf Reisen heißt ein Ende von etwas Wunderbaren, einer intensiv erlebten gemeinsamen Zeit. Und doch wieder ein Neuanfang, eine neu gewonne Chance von vorne zu beginnen, alles und jedem völlig frei gegenüber zu stehen und Neues über sich und die Welt zu erfahren.

Abschied auf Reisen ist intensiv und häufig. Aber ebenso sind es die Neuanfänge, die Errungenschaften neuer Erkenntnisse, neuer Erlebnisse der anderen Art, das Wechsel von Perspketiven und Sichtweisen und das Schleifen deiner selbst.

Ich hasse Abschiede und doch weiß ich gleichzeitig, welch großartigen Gewinn sie verbergen, sie im Leben immer wieder passieren werden und an der ein oder anderen Stelle nötig sind.

4 Kommentare:

  1. Hallo Carina, es ist ein KOMMEN und GEHEN in unserem Leben. Ich wünsche dir für den Rest deiner Reise liebe Weggefährten. Ich freue mich auf ein Wiedersehen.
    Jetzt können wir ja schon anfangen, die Tage zu zählen. Maria

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  2. Ich kann mich an den Moment unseres Abschieds noch sehr gut erinnern und er war so schwer und intensiv,weil du den größten Teil meiner Zeit in Hilflosigkeit und Angst auf meiner Reise begleitest und verschönert hast. Alleine waren wir nie, doch ohne dich wäre ich zumindest einsam gewesen.

    Lydia

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    1. Lydia, hast du dich erstmal ins Kommentieren gefuchst. Danke für die lieben Worte. Ich war sehr gerne für dich da, genauso wie ich dich einfach gerne um mich hatte ;)

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  3. Hi Carina,
    es wird immer wieder die Zeit geben wo man Abschied von einem lieben Menschen nehmen muss. Tröste dich in den Gedanken, dass man liebe Menschen nie vergisst oder auch lang vergessene wiedertrifft.
    Für deine Weiterreise und den Countdown deiner Reise wünsche ich dir viel Spaß, viele liebe neue Bekanntschaften die dich auf dem Weg ein wenig begleiten und eine gute Heimreise!
    Die Zeit ist so schnell für uns vergangen. Wir freuen uns auf deine Heimkehr. Annette

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