Dienstag, 15. September 2015

Ich bin ein Ausländer

Es ist faszinierend, wie viel Neues ein fremdes Land täglich zu bieten hat und wie schnell man an all das Neue gewöhnt wird. Das einst Fremde wird zu einem Teil von dir. Und diese Erfahrung und all die Emotionen, Sichtweisen und Eigenschaften, die sie mit sich bringt, ist für mich eine noch viel größere Faszination. Ich habe niemals zuvor aus dieser Perspektive das Leben als Ausländer betrachtet, aber als Reisender in fremden Ländern wird man automatisch in diese Rolle gedrückt. Hier bin ich ein Ausländer. Und diese Tatsache bringt viele neue Erfahrungen und Erkenntnisse mit sich.

Da wäre zum einen die Sprache. Ich könnte mir nicht vorstellen in ein fremdes Land auszusiedeln ohne die Sprache wenigstens in den Grundzügen zu beherrschen. Ich habe Englisch 9 Jahre lang in der Schule gelernt und gleichzeitig wieder 6 Jahre lang Zeit gehabt, einen Großteil wieder zu vergessen^^An all den Herausforderungen, die es für mich in Australien zu meistern gab, war die Kommunikation die Härteste. Nun ist nicht nur der australische Akzent ein besonders herausfordernder, neben den australischen Menschen bin ich Menschen aus der ganzen Welt begegnet: Engländern, Schotten, Amerikanern, Kanadiern, Schweden, Dänen, Finnen, Franzosen, Holländern, Asiaten, Korrianern, Spaniern,  Italienern, Afrikanern usw..Und alle sprechen Englisch mit einem anderen Akzent. Da kommt man schon mal ins Schleudern, wenn es ums Verständnis geht. Gleichzeitig vergisst man allzu schnell, dass man selber einen Akzent hat und nicht jeder einen immer gleich versteht. Besonders deutlich wird dies immer wieder in der Kommunikation mit Muttersprachlern, die dich von Zeit zu Zeit mit einem schrägen Blick angucken. Und da ist es wieder, das Gefühl ein Ausläder zu sein. In derartigen Moment nicht das schönste Gefühl, aber eine interessante Erfahrung. Schön hingegen sind die Momente, in denen dich niemand versteht, keiner dein Tagebuch oder deine Nachrichten mitlesen kann.^^ Letztendlich kann man sich dennoch doch immer verständigen und wenn es mit der guten alten Zeichensprache ist.

Die andere große Herausforderung ist die Kultur oder auch der Lebensstil der Australier. Auch wenn Australien viele Parallelen zu Deutschland aufweist, gibt es doch immer wieder deutliche Unterschiede. Die einen erfreuen mich, die anderen belustigen mich und dann gibt es wieder andere, die mich einfach nur aufregen.

Ich liebe die Fürsorglichkeit der Australier. Sie sind stets an deinem Wohlbefinden interessiert und beginnen keinen einzigen Tag ohne gefragt zu haben, wie man geschlafen hat und wie es mit der heutigen Laune steht.

Ich liebe die Anti-Verkaufsstratgie in den Geschäften. Die Verkäufer halten ein Schwätzchen mit dir über Gott und die Welt. Erzählen dir bezaubernde Geschichten und sind keineswegs verärgert, wenn du ohne etwas zu kaufen das Geschäft verlässt. Aber mal ehrlich. Wer sich so nett verhält und reizend um dich kümmert, dem hilft man gerne dabei seine Existenzgrundlage zu verdienen..und kauft am Ende immer eine Kleinigkeit. Zu diesem bezauberden Kümmern zählt in Übringen auch das Bedienen in den Umkleidekabine. Die Verkäufer bringen dir alles was du brauchst und wünschst zur Kabine. Kein lästiges Anziehen mehr um eine andere Größe aus dem Laden zu holen oder ein weiteres Teil anzuprobieren. Ein dicker Pluspunkt.

Ich liebe es in Australien auszugehen. Es ist teuer, ok. Aber es sind nur die Raucher oder die Abgetanzten, die in der Ecke stehen und die feiernde Menge fùr eine Weile von Außen bewundern. Jeder tanzt, bewegt sich und mischt sich untereinander. Niemand bleibt bei seiner ursprünglichen Gruppe hängen. Jeder feiert mit jedem in einer großen feiernden Gruppe.

Ich liebe die australische Gelassenheit. Keiner hat Eile, hetzt sich ab oder schiebt Stress. Meckern und Bemängeln können natürlich auch die Australier viel. Aber die Sonne scheint ein großes Stück dazu beizutragen, dass die Gemüter sich schnell wieder abkühlen und der Ärger nicht lange weilt.

Ich liebe die Currys und die australische Schokolade, die Sonne, die Strände und das Meer. Die unglaublich vielfältige Vegetation und die positive Einstellung zu Ausländern.

Ich kann viel über die australische Nachlässigkeit lachen. Was die Arbeit im Straßenverkehr betrifft, bekleckern sich die Australier nicht mit Ruhm.

Das ist nur eines vieler Beispiele für die "sorgfältige" Arbeit der australischen Straßenbauer. 

Weniger witzig, aber genau so typisch ist die Beschilderung der Straßen. Da wird etwas 10 Kilometer vor Zielort ausgeschildert und darauf folgt kein einziger weiterer Hinweise mehr. So muss man dann mutmaßen, ob man an der nächsten Gabelung besser rechts oder links abbiegt oder doch besser das Navi anschmeißt. 

Ärgern tue ich mich über die australische Nachlässigkeit in punkto Erziehung. Scheinbar ist meine Musterfamilie in Sachen Regeln und Respekt der Kinder gegenüber anderen kein Ausnahmefall, wie mir andere Aupairs bestätigten. 

Außerdem mag ich das seeeeeehr langsame Essen der Australier nicht. Gott, lassen die sich Zeit. Dabei vergeht einem der Appetitt schon wieder. 

Dann wäre da noch die unglaublich schlechte Gummibärchen Produktion zu nennen. Alles Mist außer Haribo :)

Plastiktüten. Freunde, in den Nahrungsmittelläden wird alles in KLEINEN Plastiktüten verpackt, die noch dazu geringlastig befüllt werden, weil sie schnell reißen. Am Ende wollte man nur etwas Obst und Müsli kaufen und geht mit 5 Tüten aus dem Laden. Die man gleich wieder weg wirft, weil man eine Tasche dabei hat. Hallo Umweltschutz.

Ich hasse es abgekochtes Regenwasser zu trinken, weil alle Wasserversorgung von riesigen Tanks im Garten ausgeht. Wo bleiben da die Vitamine?

Das ungesunde Essen, Pommes und Weißtoast, Vegemite, hoch geschnittene Jeans, ungepflegte lange Haare bei den jungen Männern, schludriger Klamottenstil und alles ist überteuert.

3 Kommentare:

  1. Hallo Carina, Grüße aus dem Stützpunkt :), wieder herrlich,bunt und wunderbar geschrieben. Du bist doch kein Ausländer :), du bist doch Carina!! Die Straßenbauer arbeiten nach dem Prinzip "Down Under",sieht doch jeder an deinem Beweisfoto. Auch geht es dir nicht alleine so :), ein kleiner Gruß aus dem 18. Jahrhundert :

    Zum Reisen gehört Geduld, Mut, guter Humor,
    Vergessenheit aller häuslichen Sorgen,
    und dass man sich durch widrige Zufälle, Schwierigkeiten, böses Wetter,
    schlechte Kost und dergleichen nicht niederschlagen lässt.
    Adolf Freiherr v. Knigge (1752 - 1796)"

    Alles Gute und ich (wir) freue/n uns schon auf neue Abenteuer. Gute Reise :).

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  2. Der Spruch könnte auch original von dir gereimt sein Gerd. Aber sehr schön und passend. Wenn ich wieder im Wlan bin, läuft das mit den Einträgen auch wieder flüssiger. ;)

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  3. Es ist Wochenende und man schaut....hat Carina geschrieben? Wieder ein schöner Bericht.

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