Freitag, 30. Oktober 2015

Reisen durch Zeit und Raum

Die Tatsache der heutigen Schnelllebigkeit ist allseits bekannt. Überall Hektik,  Eile, Zeitdruck, Unruhe, wo man geht und steht. Medien und moderne Technologie sind wohl als Ursachen für diese Schnelllebigkeit zu nennen. Flugzeuge, mit denen man unkompliziert innerhalb kürzester Zeit von A nach B reisen kann und das größtenteils sehr preiswert. Sie geben dem Begriff Zeit nochmal eine ganz andere Perspektive. Wie viel bin ich in den letzten Monaten schon durch die Zeit gereist. An einem Ort nachmittags losgeflogen und an einem anderen zur Mittagszeit angekommen und das in nur 4 Stunden, Zeitzonen durchgequert, Stunden verloren und rückwärts wieder dazugewonnen.
Und dann das Internet, welches dem Raum eine andere Bedeutung verleiht. Auf einmal können  Freunde und Familie zehntausende von Kilometern entfernt sein und durch das Internet doch zur selben Zeit im selben Raum mit mir sein. Abends schreibe ich mit einer Freundin in Brasilien, bei der gerade der Morgen des selben Tages ist und erzähle ihr die Neuigkeiten aus der Zukunft. Geburtstage und Feiertagen, die auf einmal mehr als 24 Stunden anhalten. Abschiede von Freunden, die 24 Stunden fliegen, freitags abends aber los fliegen und samstag mittag schon ankommen. Die Zeit wird einfach von der Hemisphäre verschluckt und wieder ausgespuckt. Und man fühlt sich wie eine Zeitreisende, die in der Zukunft lebt und in die Vergangenheit berichtet. Und mittels Internet ist man über Zeit und Raum verbunden und lässt die Begriffe Zeit und Raum in die Bedeutungslosigkeit verschwinden. Ist es am Ende doch egal wo man ist und welche Zeit man dort schreibt, wenn zwei Menschen zur selben Zeit einfach aneinder denken und sich durch die Weiten des endlosen Netzes durch Satelitten-Signale irgendwo im nirgedwo des weiten Universums verbinden und sich anlächeln. In was für einer verrückten Zeit leben wir eigentlich?
Reisen ist spannend, bereichernd und bildend. Aber auch anstrengend, kräftezehrend und emotional aufreibend. Aber immer eine Achterbahn, jeden Tag anders und immer unerwartet. Reisen ist zu meinem Alltag geworden,  der sich anders gestaltet als ein routinierter Alltag an einem bestimmten Ort. Man bewegt sich stets in der Unsicherheit, ist angewiesen auf seine eigenen Kräfte und Stärken, die bekanntlich nicht jeden Tag gleich sein können und manchmal einfach nicht mehr ausreichen, um einen Tag alleine sicher zu bewältigen. Dann überkommen einen unangekündigte Gefühle der Verzweiflung und Angst. Die Tränen stehen einem in den Augen, manchmal fließen sie auch und blockieren deinen Kopf noch handlu gssichere Entscheidungen treffen zu können. Solche Momente kommen vor, Gott sei Dank selten, aber sie passieren. Und sie sind einschneidend. Nie mehr werde ich das Gefühl am Rande der Existenzangst vergessen. Und nie wünscht man sich mehr Sicherheit und langweilige Routine, wie in diesem Moment. Und doch kommen in solchen Momenten von irgendwo ein Lichtlein her und die Situationen lösen sich für einen zum Guten. Und dann ist man dankbar, dass man eben doch nie alleine ist und man auch Vertrauen in die Kräfte und Stärken anderer Menschen haben kann.
Auch wenn solche Momente mehr als gute Gründe für den Antritt der Heimreise sind, so passieren doch im anderen Moment immer wieder Dinge,  die dich unerwartet aus den Socken hauen, mitreißen und fliegen lassen, ohne zu wissen, wie das geht. Momente, die dir Gänsehaut verschaffen, dich weinen lassen vor Freude und dich bei jedem neuen Gedanken zurück an diese Situation überwältigen und ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Momente, die so einzigartig und intensiv und voller Glück und Freiheit gefüllt sind, dass sie dir in kraftlosen Momenten wieder neue Kraft geben und dich bestärken, den Weg zu Ende zu gehen. Ja, Reisen ist viel Organisation, Lärm, Störfaktoren, Unhygienie, Angst, Unsicherheit und unkomfortabel. Reisen ist aber auch entdecken, leben, lernen, wahrnehmen, einlassen, akzeptieren, aufnehmen, verändern, Freude, Frieden, Sättigung und Liebe. Auch wenn der Kopf nicht immer auf der Höhe der Reise ist, so ist das Herz stets voller Freude. Auch wenn der Schein manchmal vor zeitweiliger Sättigung und Trübung einen anderen Schein vorgibt. Ich liebe diese Reise und genieße sie mit all ihren Höhen und Tiefen, denn sie ist meine Reise. Durch Ort und Zeit, zu mir und anderen. Aber einzigartig, atemberaubenden und wunderschön in seiner Gestalt. Und ich liebe und genieße sie.

2 Kommentare:

  1. Oh Carina, du bist vielleicht in einem Gedankenkarussell. Da hab ich echt Probleme aufzuspringen. Lachen und Weinen, Glück und Trauer - alles liegt so nah zusammen, dass man den Wechsel oft gar nicht so schnell erfasst. Genieße jeden Moment, darüber nachdenken kannst du später. Viel Spaß in Neuseeland. Und Gruß an die Kiwis.

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  2. Ich wünsche dir noch viele einzigartige und intensive Momente. Und wenn es denn sein muss und du traurig bist, natürlich viele kleine Lichter...

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